28.08.2018

Roma–Atalanta: What the wreck?

Roma–Atalanta 3–3
2. Spieltag Serie A 2018/19

Das Spiel:
Vor kurzem hat eine Studie dargelegt, dass die Glücksmomente für Fußballfans niemals die negativen Gefühle nach Enttäuschungen ausgleichen können. Als Romanista durchlebt man das in einem einzigen Spiel zig Male. So schön die Aufholjagd gegen Bergamo in der zweiten Hälfte ausgesehen hat, bleibt am Ende die Verbitterung.



Selbst, wenn man das Spiel sogar gewonnen hätte, wären zahllose Fragen offen geblieben: 
War das Team nach der blitzartigen Führung faul? Oder schockiert von Strootmans Abgang? War der Druck für seine Nachfolger zu groß? Hören die Spieler nur bei einer Standpauke auf ihren Trainer? Denkt denn niemand an die vielen Herzkranken? 

Die Roma hat fast Schiffbruch erlitten, der Kapitän und ein paar mutige Helfer können das nicht jedes Mal abwenden.
Die Spieler:

Olsen. Team Dauerfeuer. In den ersten 45 Minuten steht der Schweden ständig unter Beschuss. Bei den ersten beiden Gegentoren ist er machtlos, beim dritten zögert er beim Herauslaufen. Ein paar gute Szenen hat er, wirkt aber noch nicht wie ein Teil der Hintermannschaft.

Kolarov. Tauchfahrt. Zeigt sich kaum, das Spiel läuft aber auch mehrheitlich über rechts. Behält in der Defensive wenigstens öfter mal einen kühlen Kopf. Offensiv? Selbst seine Torpedos bei Freistößen waren mal präziser.

Fazio. Treibholz. Ist vollkommen den blauschwarzen Wogen ausgeliefert. Zum Stellungsspiel und Zweikampfverhalten eines Einsiedlerkrebses gesellen sich panikartige Befreiungsschläge, die oft mal beim Gegner landen.

Manolas. Odysseus. Auf seiner Irrfahrt durchs Olimpico lässt er sich vom Zyklopen Zapata ordentlich auseinandernehmen. Zum Ende hin kämpft er sich verbissen zurück ins Spiel, um mit dem 3–3 wenigstens als ramponierter Retter das Feld zu verlassen.

Florenzi. Vize-Kap der guten Hoffnung. Schickt Ünder steil, bevor der Türke das 1-0 vorbereitet. Danach kommt die ganze Mannschaft ins Schwimmen, er kann wenigstens den Kopf über Wasser halten. Nach der Pause forciert er mit seinem Sololauf den Anschlusstreffer, bevor er wegen des Knies die Segel streichen muss. Schien wohl nur ein böser Schreck zu sein. Gut, seine Leidenschaft braucht diese Truppe.

Pellegrini. Gummiente. Selbst eine Badewanne wäre für ihn an dem Abend zu groß gewesen. 

De Rossi. Der alte Mann und das Meer. Bäumt sich gegen den drohenden Untergang auf und wird zum Dreh- und Angelpunkt der Aufholjagd nach der Pause. Nicht jeder Pass sitzt perfekt, nicht jeder Zweikampf ein Erfolg. Wenn man jedoch sieht, wie er noch in der 90. Minute Richtung Abwehr rennt, während frischere Mitspieler vorne bloß auf einen langen Ball hoffen, kann man nur Respekt zollen.

Cristante. Kreuzfahrt ins Unglück. Mutig, entschlossen, selbstbewußt: So sollte man sich einen Auftritt gegen das alte Team, vor neuem Publikum und in der Startelf erwarten. Nicht das Gegenteil.

Ünder. Ebbe und Flut. Die Partie von Cengiz beginnt vielversprechend mit der Flanke zum 1-0. Insgesamt könnte er mehr aus seinen Szenen machen, agiert dabei leider zu überhastet. Zumindest stimmte der Einsatz offensiv.

Dzeko. Einsame Insel. Kämpft etwas auf verlorenem Posten und wird ständig in die Mangel genommen. Kommt selbst selten zum Abschluss, initiiert dennoch viele Angriffe dank seiner Ballbehauptung.

Pastore. Blendendes Blendwerk. Nach etwas mehr als einer Minute zieht El Flaco das ganze Stadion mit einem Hackentor in seinen Bann. Sein nächster Zaubertrick? Er löst sich bis zur Halbzeit in Luft auf. Sein Repertoire scheint unendlich: Nach dem Seitenwechsel spielt er auf der 10er Position, wirkt oft behäbig, und macht trotzdem den Weg für Florenzi frei zum Anschluss und kalibriert genauestens den Freistoß zu Manolas' Ausgleich.

Nzonzi. Steuermann. Kommt zur rechten Zeit ins Spiel, um das Ruder rumzureißen. Bringt neben De Rossi die dringend erforderliche Struktur in den Spielaufbau und versteckt sich auch nicht vor Offensivausflügen, die jedoch selten glücklich enden. Ist nach 45 Minuten vollkommen platt, weshalb es wohl noch etwas zu einem Startplatz braucht.

Kluivert. Klabautermann. Der gute Geist aus dem Torino-Spiel schwingt bei seiner Einwechslung mit. Einige Sprints und Kombinationen sorgen für Unruhe, verpasst bei einem starken Sololauf kurz vor Schluss den richtigen Augenblick zwischen Abschluss und Querpass.

Schick. Landratte. Mit seiner Einwechslung stellt DiFra auf Dreierkette um, was erstmal für eine Flaute in der Offensive sorgt. In der Schlussoffensive irritiert der Tscheche mit schlechten Zweikämpfen und wenig Teamgeist, hat aber dennoch eine Riesenchance auf dem Fuß, die Gollini ihm verwehrt.

20.08.2018

Torino–Roma: Dzeko, der Tor-ero


Torino–Roma 0–1
1. Spieltag Serie A 2018/2019

Das Spiel:

Das Team knüpft beim Saisondebüt da an, wo es letztes Jahr aufgehört hatte: Mit einem schmucklosen 1-0-Auswärtssieg. Dabei gab es viel Licht und viel Schatten: In der 1. Halbzeit kontrollierten die giallorossi das Geschehen, kamen jedoch selten zum Abschluss. Nach dem Seitenwechsel schien die Mannschaft noch nicht bei der Sache und hatte Glück, dass Iago Falques Treffer ein knappes Abseits vorausgegangen war. Als beide Teams gegen Ende müde wurden, wurde Di Francesco für seine Wechsel belohnt – sagen wir mal das Glück des Tüchtigen, das sich das Team in den nächsten Spielen richtig verdienen muss.

Die Spieler:

Olsen – Comic-Held – Wenn Alisson Becker in Wahrheit Batman wäre, dann wäre Robin Olsen, nunja, Robin. Ein Sidekick, der sich seine Sporen noch verdienen muss. Seine Partie war insgesamt okay: In der ersten Hälfte eher Beobachter des Geschehens, sorgt Seifenkisten-Olsen für eine Schrecksekunde nach der Pause. Er rehabilitiert sich durch einige sauber abgewehrte Distanzschüsse und hält am Ende den Sieg fest.

Kolarov –Kaltstart – Der Eismann ist beim Saisonstart noch nicht ganz auf Betriebstemperatur und wackelt hinten ab und an. Vorne könnte auch mehr kommen, trifft dennoch nach schönem Lauf den Außenposten.

Manolas – Full Metal Jacket – Passend zum Marine Look fühlt sich Kostas im Schützengraben richtig wohl, erstickt viele gegnerische Angriffe bereits im Keim und rettet dort, wo seine Kollegen abgemeldet sind.

Federico Fazio – Apocalypse Now – Im Gegensatz zu seinem griechischen Partner ist „il Comandante“ von der Rolle: Schlechte Zweikämpfe und Katastrophenpässe sorgen für eine Negativbilanz.

Florenzi – Magic Moustache - Erste Halbzeit mit viel Offensivdrang, erinnert mit seiner Dynamik an einen Speedrun durch Super Mario Bros. Drückt später etwas mehr auf die Bremse, auch weil Torino meistens über seine Seite anggreift. Insgesamt Sieger im Bosskampf mit Bravour.

Strootman – Beta-Kevin – Der Niederländer hat keinen guten Tag erwischt, wirkt hölzern und ideenlos, symptomatische Darbietung für die uninspirierte Vorführung im Mittelfeld.

De Rossi – Stolz und Steilpass – Schon bei der Kapitänsbinde trägt er nicht die von der Lega auferlegte Standardversion, er ist und bleibt eine Marke. Treibt das Spiel gerade dann an, als die Mannschaft zu weit zurückfällt, und trägt damit auch zum guten Schluss bei.

Pastore – Schaf im Wolfspelz – Die ersten Minuten lassen kurz hoffen, doch die Rolle im Mittelfeld ist noch nicht seine: 9 von 10 verlorene Zweikämpfe, extrem schlechte Zuspiele, einfach harmlos. Selbst weiter vorne agierend wird er geschoren.

El Shaarawy – Pusteblume – Startet schwungvoll und arbeitet gut nach hinten, vorne jedoch blass. Kann einmal beim Konter auf die Tube drücken, ist dabei aber viel zu eigensinnig und schwach im Abschluss.

Dzeko – Garten Edin – Inmitten der allgemeinen Tristesse wächst eine prächtige Frucht die fast 90 Minuten reifen musste: Mit einem herrlichen Volley wird aus dem Fehlstart ein Einstand nach Maß für die Roma, zumindest im Hinblick auf die Tabelle. Die Nr. 9 wirft sich ins Zeug, initiiert (wie beim Tor!) selbst die Aktionen, trifft zweimal das Aluminium. Da vergisst man auch seinen Gurkenschuss kurz vor der Halbzeit.

Ünder –  – Einer der Aktiveren, die Kette mit Florenzi funktioniert ganz gut. Bringt mit Tempodribblings die Turiner Abwehr in Bedrängnis, doch bis auf einen Fernschuss nicht viel Brauchbares dabei.

Cristante – Power-Bank – Als der Team-Akku im Sparmodus läuft, bringt Bryan mehr Präsenz fürs Mittelfeld. Im Passspiel ausbaufähig, aber klare Kante in den Zweikämpfen.

Kluivert – Junior? Senior! – Agil, antrittsschnell, gut aufgelegt. Ohne Hauch von Nervosität stürzt er sich ins Spiel und bereitet das Siegtor nach mehreren schwindelerregenden Dribblings vor. Senkrechtstarter.

Schick – Luxusproblem – Hat eine Viertelstunde, um die guten Leistungen in der Vorbereitung zu bestätigen. Kommt kaum an den Ball und wirkt weiterhin verschenkt auf der Außenbahn.