04.03.2012

Der letzte Gong


4. März 2012. Tag des Hauptstadtderbys in Rom. Ich stand die ganze Woche unter Strom. Zwei angeschlagene Boxer standen sich entgegen. Ich hoffte auf einen großartigen Kampf und bekam selbst auf die Fresse.

Heutige Choreo in der Curva Nord - www.asromaultras.org
In der rechten (!) Ecke stand Lazio Rom, die um den dritten Platz kämpfen. Dennoch ging es in den letzten Wochen heiß her bei den biancocelesti. Trainer Edy Reja hatte 10 Tage vor dem Derby seinen Rücktritt angeboten, weil nicht die geforderten Verstärkungen im Januar verpflichtet wurden. Präsident Lotito hatte bereits Ex-Nationalspieler und Chelsea-Idol Gianfranco Zola zu Vertragsverhandlungen eingeladen, doch Rejas Rücktritt vom Rücktritt, wohl gestärkt durch die Mannschaft, hat die Trennung wohl auf Saisonende verschoben.

Gelbrotes Fahnenmeer der Curva Sud - www.asromaultras.org
In der linke Ecke der AS Rom. Dort ging es zuletzt nicht weniger turbulent zu. Noch vor dem letzten Ligaspiel bei Atalanta Bergamo wurde der dritte Platz als Saisonziel ausgerufen, es folgte prompt eine 1-4 Niederlage, die mit den Platzverweisen für Osvaldo (Revanchefoul) und Cassetti (Protestieren) garniert wurde. Für das I-Tüpfelchen sorgte noch vor Anpfiff Roms Trainer Luis Enrique, der De Rossi auf die Tribüne versetzte. Der Vizekapitän war 15 Minuten zu spät zur Mannschaftsansprache vor dem Spiel erschienen. Im heutigen Derby sollte alles besser gemacht werden. Nicht nur die Hinspielniederlage musste gerächt, es sollte das letzte Fünkchen Hoffnung auf die Champions-League-Qualifikation gewahrt werden.

Nach sieben Minuten schien die Partie so gut wie gelaufen. Klose enteilte der wie so oft schlecht postierten Abwehr der giallorossi und wurde von Stekelenburg zu Fall gebracht. Rote Karte für den niederländischen Torwart, Elfmeter für Lazio, den Hernanes, wie bereits in der Hinrunde, sicher verwandelte. Dennoch gab sich der AS Rom nicht auf und kam in der 16. Minute durch den frischgebackenen Nationalspieler Fabio Borini (7 Tore in der Rückrunde) zum Ausgleich. Lazio machte fortan die Partie und nutzte in der 61. Minute einen erneuten Abstimmungsfehler in den Abwehrreihen der Gegner. Ein langer Freistoß landete beim freistehenden Kapitän Mauri, der den Ball ins Netz grätschen konnte. Kurz vor Spielende flog zwar noch Lazios Scaloni mit Gelb-Rot vom Platz, es blieb jedoch beim 2-1 für Lazio, wie bereits im Oktober.

Apropos rechte Ecke: Es war keine Überraschung, dass aus der Laziokurve rassistische Rufe zu hören waren. Die Geste des Spiels kam vom Brasilianer Juan, der mit erhobenem Zeigefinger vor dem Mund sich gegen sie richtete. Lazios Kapitän musste daraufhin diese Nichtfans beschwichtigen, weil der Schiedsrichter mit möglichem Spielabbruch drohte.

Totti am Boden. Wie der ganze AS Rom.
Für mich ist hoffentlich mein persönlicher Nervenkrieg damit zu Ende. Zum Jahreswechsel schien es so, als hätte Luis Enrique die Quadratur des Kreises gefunden, jedoch wirkt das Spiel des AS Rom wie real existierender Sozialismus. In der Theorie alles schön und gut, aber die Umsetzung lässt stark zu wünschen übrig. Es ist aber sehr nett von meinem Lieblingsteam, das Auf und Ab in meinem Leben, das Launenhafte, auch noch auf den Fußballplatz zu bringen.

Zum Thema Titelkampf: Am Samstag beeindruckte Milan mit einem klaren 4-0 bei Palermo, Juve kam im heimischen Stadion nur zu einem 1-1 gegen Chievo. Die Turiner sind zwar die einzige ungeschlagene Mannschaft unter den europäischen Topligen, haben mit 12 Remis auch sehr viele Punkte liegen lassen. Die Meisterschaft bleibt dennoch offen, da Juve mit einem Sieg in der Nachholpartie am Mittwoch gegen Bologna  punktgleich mit dem amtierendem Meister die Tabellen anführen würde.