Oft reichen einfach nur kurze Momentaufnahmen. Mit ihrem Pathos, ihrer Ausdruckskraft, ihrer Symbolik. Sie bringen es genau auf den Punkt, es bedarf keiner langen Abhandlungen, keiner präzisen Analyse, um darzulegen, was geschieht. In Italien kennen sie alle Tardellis befreienden Jubellauf nach seinem Treffer gegen Deutschland im WM-Finale 1982. Als Maradona vier Jahre später fast sechs englische Spieler narrte, blieb die Zeit im Estadio Azteca stehen.

Verblüffend sind die Parallelen mit dem Turnierverlauf für Deutschland bei der EM 2008. Auch damals musste Ballack mit einem Gewaltschuss die Erlösung herbeiführen. Erfreulich, dass die ebenbürtigen Ghanaer ins Achtelfinale vorrücken.
Die deutschen Spieler, aber auch die Fans auf den Tribünen in Johannesburg sowie vor den Fernsehern und Leinwänden weltweit mussten leiden. "It's a suffering". The Van Pelt wusste das schon. Jeder echte Fußballfan weiß dies ebenso gut. Man möge mir verziehen, wenn ich mit dem schwammigen Wort "echt" zu differenzieren versuche. Zwischen denen, die nur sporadisch mitfiebern, und denen, die Fußball leben, ihn atmen, daran zerbrechen und durch ihn wieder auferstehen können.
Ich gehöre zu der zweiten Sorte. Ich habe Rom gegen Manchester 7-1 verlieren sehen und lief wie betrunken durch die Straße. Ohne einen Tropfen Alkohol in meiner Blutbahn. Nur unendlich Leid. Ich habe die italienische Nationalmannschaft vier WM-Turniere hintereinander auf bittere Weise, meist im Elfmeterschießen, verlieren sehen. Ich musste zweimal, im EM-Finale 2000 und im WM-Achtelfinale 2002, etwas Unerhörtes erleiden. Augenblicke, Momente. Für mich handelte es sich um sudden death, für Frankreich und Südkorea waren es Golden Goals.
In all diesen Jahren musste ich leider auch oft genug in Deutschland erleben, zu was sich sportliche Rivalität steigern kann. Es ist nicht schön, wie Medien mehr oder minder fremdenfeindliche Hetze betreiben und sich leider auch viele hetzen lassen. Es ist nicht schön, Menschen im Eiscafé der Eltern zu sehen, mit der Aussage, dass sie kein Eis mehr kaufen werden. Von den Drohungen und Beleidigungen ganz abgesehen.

Ich bin heute Abend spontan doch noch vor die Tür, habe mit ein paar Freunden auf dem Saarbrücker Landwehrplatz das Spiel Deutschland-Ghana verfolgt und konnte mich für meine Freunde über das Ergebnis freuen. Wie man sich eben für Freunde freut. Es waren auch andere gute Menschen dort, Deutsche und Ghanaer. Für die Guten konnte ich mich freuen. Mein Kompass funktioniert noch.
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